Da ich im Ausland geboren und aufgewachsen bin, fühlen sich die letzten zwei Jahre für mich nicht wie nur zwei an. Dies ist nun mein drittes Land und meine vierte Stadt, und ich erkenne deutlich, wie all diese Reisen mein Selbstverständnis geprägt haben.
Migration ist eine transformative Reise, die das eigene Identitätsgefühl umgestalten kann.
Migration und das sich verändernde Selbst
Die Ankunft in einem neuen Land kann oft das Gefühl der Zugehörigkeit schwächen, sodass man sich fremd, einsam und unvollständig fühlt. Ebenso kann die Diskrepanz zwischen dem idealisierten Bild des neuen Landes und der Realität Enttäuschungen hervorrufen. Die gleichen Widersprüche können auch bei der Rückkehr in das Heimatland auftreten.
Viele eingewanderte Personen, die mit diesen Herausforderungen konfrontiert sind, finden sich oft in einer Art Zwischenwelt wieder, in der sie sich nirgendwo richtig zugehörig fühlen. Dieses Gefühl kann von der Empfindung begleitet sein, nicht mehr „hier“ aber auch nicht „dort“ hinzugehören – und so Barrieren für die eigene Selbstdefinition schaffen.
Identität ist nicht nur ein individuelles Konzept, sondern auch ein soziales und zwischenmenschliches. Gesellschaftlich konstruierte Kategorien beeinflussen die Identität, wobei Faktoren wie Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Klasse, Bildung, Status und Religion eine entscheidende Rolle in der Selbstdarstellung spielen.
Migration setzt Individuen unterschiedlichen sozialen Erwartungen, kulturellen Werten und Interaktionsmustern aus. Dies führt zu verschiedenen Identitätswahrnehmungen, die von zahlreichen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Systemen geprägt sind.
In diesem Prozess spielen sowohl die Art und Weise, wie einwandernde Personen ihre Identität gestalten, als auch der Beitrag verschiedener sozialer Beziehungen eine wichtige Rolle. Neue Beziehungen können kulturelle Werte der einwandernden Person hinterfragen und verändern.
Zum Beispiel hatte ich, als ich in mein aktuelles Land zog, anfangs Schwierigkeiten mit bestimmten kulturellen Normen, die sich stark von denen in meinem vorherigen Land unterschieden. Durch den Kontakt mit Einheimischen und das Knüpfen neuer Freundschaften begann ich, die Gründe für diese kulturellen Praktiken zu verstehen. Dieses Verständnis hat nicht nur meine Perspektive erweitert, sondern auch meine Offenheit gegenüber unterschiedlichen kulturellen Werten gestärkt.
Kulturelle Identität und Bereicherung
Kulturelle Werte sind ein wesentlicher Bestandteil unserer persönlichen Identität, da sie die Grundlage für unsere Überzeugungen, Verhaltensweisen und Entscheidungsprozesse bilden. Sie geben uns ein Gefühl von Zugehörigkeit und Stabilität in einer sich schnell verändernden Welt. Wenn einwandernde Personen jedoch mit neuen kulturellen Werten konfrontiert werden, müssen sie oft ihre bisherigen Überzeugungen überdenken und sich an die neue Umgebung anpassen.
Darüber hinaus kann der Aufbau neuer Beziehungen als Bewältigungsmechanismus dienen, wenn man sich von der Last unterschiedlicher Identitäten überwältigt fühlt. Der Kontakt zu Gleichgesinnten, die ähnliche Erfahrungen teilen, kann ein unterstützendes Netzwerk schaffen, das den Übergang erleichtert und ein Gefühl der Zugehörigkeit vermittelt.
Im Laufe meiner Erfahrung als Einwanderin habe ich erkannt, dass die Akzeptanz von Veränderungen und die Integration verschiedener kultureller Elemente in meine Identität mein Selbstverständnis bereichert haben. Man muss sich bewusst machen, dass Identität keinesfalls ein starres Konstrukt, sondern ein dynamischer Teil von uns ist, der sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt.
Die Erfahrungen und Identitäten von eingewanderten Personen lassen sich nicht auf eine einzelne Kategorie reduzieren und helfen ihnen dabei, sich an veränderte gesellschaftliche Bedingungen anzupassen. Neue Beziehungen einzugehen und kulturelle Werte anzunehmen, kann das persönliche Wachstum fördern und die eigene Identität inklusiver gestalten.
Referenzen:
La Barbera, M. (2015). Identity and migration: An introduction. In Identity and migration in Europe: Multidisciplinary perspectives (pp. 1–13). Springer, Cham. Mao, J., & Shen, Y. (2015). Cultural identity change in expatriates: A social network perspective. Human Relations, 68(10), 1533–1556. Scurry, T., Rodriguez, J. K., Bailouni, S., & Doherty, N. (2013). Narratives of identity of self-initiated expatriates in Qatar. Career Development International, 18(1), 12–33.
Über mich: Die Psychologie hat schon immer einen besonderen Platz in meinem Leben eingenommen. Ich lasse mich von verschiedenen Kulturen, Erfahrungen und Menschen inspirieren.
Derzeit arbeite ich als psychologische Beraterin für Erwachsene und als Trainerin für Unternehmen über Online-Plattformen. Ich bin in die Niederlande gezogen, nachdem ich in Norwegen und der Türkei gelebt habe.
Meine Expertise liegt in den Bereichen Angst, zwischenmenschliche Probleme, Wut, Selbstwertgefühl, Stress sowie Migration und Anpassungsschwierigkeiten.
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