Johanne, Jakob – Ihr habt It’s Complicated ins Leben gerufen. Erklärt doch kurz, was ihr macht.
Im Grunde sind wir ein Marktplatz für Therapeut:innen und Therapiesuchende. Aber wir sind viel mehr als das: Wir bringen Therapeut:innen und Klient:innen auf eine Weise zusammen, die sich menschlich, persönlich und zugänglich anfühlt. Auf unserer Plattform geht es nicht nur darum, Menschen dabei zu helfen, den richtigen Therapeuten oder die richtige Therapeutin zu finden – es geht auch darum, eine starke professionelle Gemeinschaft zu fördern. Deshalb lautet unsere Strategie „Therapeut:innen zuerst“, was bedeutet, dass die Bedürfnisse unserer Therapeut:innen bei jeder unserer Entscheidungen im Vordergrund stehen.
Ihr seid beide erfahrene Therapeut:innen. Wann habt ihr gemerkt, dass es eine neue Plattform braucht?
Es war eine Kombination von zwei Erfahrungen. Einerseits bekamen wir jede Woche Anfragen von Therapeut:innen, die mit uns praktizieren wollten, und von Klient:innen, die Therapie suchten – aber wir hatten schlicht keinen Platz mehr. Wir wollten sie gerne auf eine sinnvolle Webseite verweisen, doch zu dieser Zeit waren die wenigen existierenden Seiten veraltet, boten kaum sinnvolle Filter und keine Möglichkeit, die Person hinter dem Profil vorab kennenzulernen. So war es schwierig, wirklich passende therapeutische Unterstützung zu finden.
Welche Aspekte der traditionellen Psychotherapie waren aus eurer Sicht unzureichend und haben euch motiviert, etwas Neues zu schaffen?
Die bisherigen Verzeichnisse haben es den Therapeut:innen kaum ermöglicht, sich authentisch zu präsentieren. Zudem wird in der Psychotherapie oft nur der direkte Klient:innen-Kontakt betrachtet. Doch was Therapeut:innen wirklich brauchen, ist mehr als das: eine Gemeinschaft, funktionale Tools und eine stabile Klient:innen-Basis. Unsere Plattform soll nicht nur dabei helfen, zu überleben, sondern wirklich zu wachsen und sich als Therapeut:in zu entfalten.
Ihr sprecht von „Therapeut:innen zuerst“. Was genau ist damit gemeint?
Im Gegensatz zu vielen größeren Plattformen wie BetterHelp, die vor allem auf Skalierung und Investoren setzen, versteht sich It’s Complicated als Gegenmodell, das die Bedürfnisse von Therapeut:innen in den Mittelpunkt stellt. Viele Plattformen vernachlässigen, wie wichtig gute Rahmenbedingungen für Therapeut:innen sind – dabei sind sie entscheidend für langfristige, nachhaltige Karrieren, beugen Überlastung und Burnout vor und sichern die Qualität der therapeutischen Arbeit. Wir unterstützen Therapeut:innen dabei, eigenständige Praxen außerhalb großer Tech-Strukturen aufzubauen – zum Wohle der Klient:innen. Denn: Gute Arbeitsbedingungen führen zu einer guten Therapie.
Wie ist es, eine digitale Plattform aufzubauen und gleichzeitig eine eigene Praxis zu führen?
Die beiden Rollen ergänzen sich eigentlich sehr gut. Wenn man mit Klient:innen arbeitet, ist die Therapie unglaublich bereichernd und herausfordernd, aber auch eine sehr introvertierte Arbeit. Gleichzeitig fühlt sich die Arbeit an It’s Complicated oft wie eine kreative Pause von der Therapie an und wie ein Raum, in dem wir unsere extravertierten Seiten zum Ausdruck bringen können und umgekehrt. Diese Balance hält uns motiviert.
Wie hat eure Erfahrung als Therapeut:innen die Gestaltung der Plattform beeinflusst?
Wir wissen aus erster Hand, wie entscheidend die richtige Verbindung zwischen Klient:in und Therapeut:in ist. Gleichzeitig kann der Suchprozess frustrierend und entmutigend sein. Endlose Profile, die alle gleich wirken, und kaum eine Orientierungshilfe, worauf man achten sollte. Deshalb haben wir It’s Complicated so gestaltet, dass es nicht nur nach Qualifikationen filtert, sondern auch nach Persönlichkeit, Therapieansatz und Lebenserfahrung.
Was unterscheidet euch von anderen Plattformen?
It’s Complicated sollte von Anfang an anders sein. Der Bereich der psychischen Gesundheit ist oft zu klinisch oder wird von Technologieunternehmen dominiert, die wenig therapeutisches Know-how mitbringen. Wir wollten eine Plattform schaffen, die sich menschlich anfühlt – mit Empathie und Humor. Das spiegelt sich im Namen wider, der aus unserer Arbeit mit Klient:innen entstanden ist, und im Design mit seinen verspielten und durchdachten Details. Auch in einem so ernsten Bereich wie der Therapie ist Platz für Leichtigkeit, Lachen und Verbundenheit. Ob durch die Sprache, die wir verwenden, oder durch die Designelemente – alles ist so gestaltet, dass sich die Nutzer:innen wohl und willkommen fühlen.
Welche Vorteile bietet It’s Complicated für Menschen, die eine Therapie suchen?
Bei uns können Menschen gezielt nach Therapeut:innen suchen, die genau zu ihnen passen – sei es durch die Therapieform, die Sprache oder gemeinsame Werte und Überzeugungen. Außerdem bietet die Plattform mehr Flexibilität: Wer eine bestimmte Nische oder einen speziellen Ansatz sucht, findet hier oft mehr Auswahl als im klassischen System. Viele Menschen nutzen It’s Complicated auch, um eine Wartezeit auf einen kassenärztlichen Therapieplatz zu überbrücken oder um einen niedrigschwelligen Einstieg in eine Therapie zu finden.
Welche Herausforderungen haben Klient:innen bei der Therapiesuche?
Eine der größten Hürden ist ganz einfach der Anfang. Viele wissen nicht, wo sie anfangen sollen oder was sie eigentlich brauchen – und schon das Schreiben der ersten Nachricht kann eine Hürde sein. Wir bauen diese Hürden ab, indem wir den Prozess klar und intuitiv gestalten. So wird die Therapie nicht zum Sprung ins Ungewisse, sondern zum natürlichen nächsten Schritt.
Wie hilft eure Plattform konkret bei der Wahl nach passenden Therapeut:innen?
Therapiesuchende fühlen sich oft von zu vielen Optionen überfordert. Es fehlen die richtigen Filter, und viele Profile scheinen austauschbar zu sein. Das wollten wir ändern, indem wir die Suche nicht nur auf Qualifikationen, sondern auch auf Persönlichkeit, therapeutischen Ansatz und gemeinsame Erfahrungen ausrichten. Therapie funktioniert am besten, wenn die Chemie stimmt – genau das ermöglichen wir. Unser Matching-Service verbindet außerdem datenbasierte Informationen mit der Erfahrung von Therapeut:innen, um den besten Fit für die individuellen Bedürfnisse zu finden
Zugänglichkeit und Diversität spielen eine zentrale Rolle in eurer Plattform. Warum war das für euch so wichtig?
Wir beide haben oft erlebt, wie schwierig es für viele Menschen ist, einen Therapeuten oder eine Therapeutin zu finden, der oder die sie wirklich versteht – sei es aufgrund der Sprache, der Identität oder der spezifischen therapeutischen Bedürfnisse. Diese Vielfalt fehlte bisher, und genau das wollten wir ändern.
Therapie ist oft durch Kosten und Verfügbarkeit begrenzt. Welche Lösungen bietet ihr dafür?
Wir wollen beides verbessern. Indem wir einen Raum schaffen, in dem Therapeut:innen nachhaltige Praxen aufbauen können, erhöhen wir die Verfügbarkeit. Außerdem setzen wir auf eine flexible Preisgestaltung, etwa durch gestaffelte Tarife und günstigere Optionen.
Wie schafft eure Plattform ein sicheres und unterstützendes Umfeld für Klient:innen?
Vertrauen ist die Grundlage jeder Therapie. Deshalb legen wir großen Wert auf Transparenz. Klient:innen sollen nicht nur die formalen Qualifikationen sehen, sondern auch einen echten Eindruck von der Person dahinter bekommen – ihrem Therapieverständnis, ihrem Stil, ihrer Philosophie. Das gibt Sicherheit und ermöglicht eine bewusste Entscheidung.
Gab es einen Meilenstein, auf den ihr besonders stolz seid?
Der Moment, in dem wir gesehen haben, dass Therapeut:innen die Plattform wirklich nutzen – um Klient:innen zu finden, sich zu vernetzen und ihre Praxis aufzubauen. Und als wir unsere Community-Events gestartet haben, wurde uns klar, dass es nicht nur um ein Verzeichnis geht, sondern um einen Ort, an dem sich Menschen zugehörig fühlen.
Wie hat die Arbeit an It’s Complicated eure Sichtweise auf Therapie verändert?
Uns ist noch bewusster geworden, welche systemischen Herausforderungen es gibt – vom Burnout bei Therapeut:innen bis hin zu starren Strukturen, die vielen Menschen den Zugang zu Therapie erschweren. Gleichzeitig ist unsere Überzeugung gewachsen, dass Therapie weit über das hinausgeht, was im Therapieraum passiert. Es geht um das gesamte Ökosystem drum herum.
Als Therapeut:innen: Wie sorgt ihr für eure eigene mentale Gesundheit?
Wir versuchen, uns an das zu halten, was wir unseren Klient:innen raten: klare Grenzen setzen, Unterstützung suchen, Dinge tun, die uns Freude bringen. Peer Support ist uns besonders wichtig – auch Therapeut:innen brauchen den Austausch mit Menschen, die ihre Arbeit verstehen.
Wenn ihr eine Sache an der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Psychotherapie ändern könntet, was wäre das?
Die Erwartung, dass Therapeut:innen selbstlos, immer verfügbar und immun gegen Burnout sein sollten. Die Qualität der Therapie hängt direkt mit dem Wohlbefinden der Therapeut:innen zusammen. Wenn Therapie so wirksam wie möglich sein soll, brauchen wir eine Branche, in der Therapeut:innen sich unterstützt fühlen und ihre Arbeit nachhaltig gestalten können. Ein gesunder Therapeut, eine gesunde Therapeutin ist kein Luxus, sondern Voraussetzung für eine gute Therapie.
Für weitere Informationen besuchen Sie gerne unsere Webseite unter www.complicated.life oder kontaktieren Sie unseren Pressekontakt, Antje Jochmann, per E-Mail unter press@complicated.life.